Mittwoch, 7. August 2013

Das erste Mal auf der Rennstrecke

Das erste Mal richtig und mit einem passenden Mopped auf die Rennstrecke gehen, das war der Plan. Während ich mich im Web nach Anbietern umsah stieß ich auf die "Rookie Schule", dieses Jahr erstmals von Hafeneger Renntrainings durchgeführt. Das liest sich gut, dachte ich mir und buchte das erste Training seiner Art für den 31.07.2013. Einiges gab es im Vorfeld noch zu tun und wurde der Reihe nach abgearbeitet, u.a. Crashpads am Rahmen angebracht, Chrashpads auf Vorder- und Hinterradachse montiert sowie Motorschützer in Fahrtrichtung links und rechts montiert.

Vorgeplänkel.
Im Laufsport beschreiben wir das Phänomen als Vorwettkampfgejammere, wenn jemand vor dem Wettkampf rumjammert, was ihm in der Vorbereitung alles schief lief und warum er mit keiner passablen Platzierung rechnet. Ein solches Phänomen kann ich auch zum Renntraining beisteuern. Ich habe für gewöhnlich einen Magen-Darmtrakt, dem ich ohne zu überlegen, alles ess- und trinkbare servieren kann, ohne dass sich das irgendwie bemerkbar macht. Nun musste ich zwei Wochen vor dem Event zum ersten Mal die Erfahrung machen, wie es sich anfühlt, wenn besagter Trakt nicht mitspielt. Wir saßen Samstags auf der Kegelbahn und ich bekam Magenschmerzen vom Allerfeinsten. An gescheites Kegeln war nicht zu denken, Hauptsache der Ball kommt hinten an, dachte ich, setzte mich schnell wieder und bestellte  Cola um Cola, da die ja helfen soll, den Magen aufzuräumen. Irgendwann im weiteren Verlauf des Abends gab es dann eine Thronsitzung und das Problem war gelöst. Soweit, so gut. Die nächsten Tage war alles im Lot. Vier Tage vor dem Training ging es aber wieder los. Schmerzen im unteren, linken Bauchraum, so dass ich schon an Blinddarm dachte, die dann aber nach oben Richtung Magen wanderten und ich hatte das Gefühl, eine Stahlkugel im Bauch mit mir rumzutragen oder zumindest im 10. Monat schwanger zu sein. Mal ging es ein paar Stunden besser, dann wurde es wieder echt übel. Es ging soweit, dass ich am Vorabend der Anreise, die am 30.07.13 stattfand, im Bett liegend und nach einer schmerzfreien Position suchend, darüber nachdachte, das Geld und den Spaß sausen zu lassen, alles zu canceln und am nächsten Tag lieber zum Doc zu gehen. Am 30.7. ging es morgens dann jedoch etwas besser, also brachen wir doch auf. 

Auf dem Weg nach Oschersleben
Erste Aktion in Oschersleben: eine Apotheke gesucht, Iberogast besorgt (war ein Tipp meiner Tochter) und sofort eingetrichtert. Wow, das half wirklich. Abends gleich noch eine Dröhnung und am nächsten Morgen auch und die Welt sah wieder gut aus. Puh! Ich hatte echt sorge, überhaupt auf dem Mopped rumturnen zu können, mit den Schmerzen und dieser harten Kugel im Bauchraum.

Abends fuhren wir dann mit der S 1000 RR zur Motorsport Arena, vor Box 27 vor, zur technischen Abnahme. Bis auf die Tatsache, dass die Kette etwas zu fest gespannt war (kommt davon, wenn man expressmässig den Reifen wechselt), gab es nichts auszusetzen. Also Kette von der Crew etwas lockern lassen, noch ein wenig nett mit den Jungs geplaudert und etwas von der Boxengassen-Atmosphäre inhaliert.

Technische Abnahme bestanden: glückliche Boxenfee.

Übernachtet haben wir in der Pension an der Rennstrecke nur wenige hundert Meter von der Motorsport Arena Oschersleben entfernt. Die Pension kann ich wirklich empfehlen, nette Leute, lockerer Umgang, gepflegte Zimmer, preiswert und Bier im Kühlschrank.

Am 31.07.13 hieß es dann zeitig aufstehen, um noch in Ruhe frühstücken und Iberogast einwerfen zu können. Ich hatte tatsächlich keine Beschwerden mehr an diesem Morgen und war hoffnungsvoll gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten. Also ab zur Arena. Dort angekommen wurden noch die Lampen und Spiegel getaped und die Spiegel angeklappt. 

Getapter Tiefflieger


Um 09:00 Uhr trafen wir uns dann in Box 30 zum Briefing und zur Vorstellung unserer Coaches. Uns standen aus dem Hafeneger-Team Philip, Jürgen und Jesco zur Verfügung. allesamt gestandene und erfahrene Rennfahrer. Nach dem Briefing begaben wir uns in kleinen Gruppen (6 - 7 Fahrer + Instruktor) auf mehrere Sektionen zum Training von Schräglagentechnik, Bremsen auf dem Track und einen Übungsparkour. Das lief alles wunderbar. 

Schräglagentrainer, Suzuki GS 500 - flach gelegt


Schräglagentraining mit dem eigenen Fahrzeug im Handlingparcour


 
Bremstechnik für die Renne, bis weit in die Kurve rein. Foto von Racepixx


Anschließend war der Vormittag schon rum und wir wurden vom hervorragenden Hafeneger-Catering wirklich toll bewirtet. Wir hatten das Vormittagsprogramm etwas ausgedehnt und daher viel die Mittagspause etwas kurz aus, ansonsten war alles prima. Auf Grund des hochwertigen Fahrerpotentials, wurde vor vollen Rängen gefahren.


Bei einem solchen Highlight sind die Tribünen natürlich voll besetzt.

Nach der Pause trafen wir uns wieder in Box 30 zum Briefing und zur Gruppeneinteilung für die 3 Stints á 20 Minuten und zur Verteilung lustiger, bunter Flatterhemdchen, damit man die Gruppen auseinander halten kann. Die ersten zwei Stints fuhr ich mit Jürgen, den dritten mit Philip. Der erste Stint diente erst einmal dazu die Strecke, die wir uns vorher per Video in der Box angesehen haben und die durch die Coaches ausgiebig beschrieben wurde, zu erfahren und erlernen. Es ist z.B. gar nicht so trivial, die Tripple-Links nach Start/Ziel mit nur einmal einlenken und Radius halten zu fahren. Ich brauchte 3 Runden, um das erstmalig zu schaffen. Schön am Track Oschersleben sind die vielen Punkte (wie z.B. Zufahrtswege), die man sich gut als Einlenkpunkte einprägen kann. Während der Stints fuhr jeder Teilnehmer mindestens eine Runde hinter dem Instruktor her, der hinten auf dem Mopped eine GoPro-Cam installiert hatte, so dass man zwischen den Stints am Monitor eine Auswertung zum eigenen Fahrstil bekam. Das war klasse und hat mir wirklich einiges gegeben. Zwischen dem subjektiven Empfinden, also der Selbstwahrnehmung und der tatsächlichen Situation liegen nämlich oftmals ganze Welten, ach was sag ich, ganze Galaxien. Ich hatte z.B. meistens den Eindruck wie Marquez neben dem Mopped zu hängen, das Video teilte mir allerdings schnörkellos mit, dass ich wie eine Banane auf dem Mopped saß und eher drückte als das ich richtig im Hangoff unterwegs gewesen wäre. Dieses Feedback ist gut und wichtig und zeigt einem auf, an welchen Stellen man noch arbeiten muss, auch hinsichtlich der Linienwahl oder Wahl der Brems- und Einlenkpunkte. Meist legt man z.B. den Kurvenscheitelpunkt weit zu früh an und zahlt das am Ende damit, dass man am Kurvenausgang wieder vom Gas muss, weil es einen zu weit raus treibt.


Foto by Racepixx


Foto by Racepixx
Foto by Racepixx
Foto by Racepixx
Foto by Racepixx
Im zweiten Stint wurde ich dann etwas übermütig und habe auf der Gegengeraden gut am Hahn gezupft, dabei aber nicht bedacht, dass sich dementsprechend der Bremspunkt vorverlagert. Ja, ganz schön doof, ich weiß. Das sind dann halt die Euphorie und die ganzen Endorphine, die im Blut rumplantschen und Dir sagen: geil, geil, geil, mach schneller, da geht noch was. Das Ergebnis war, dass ich am bekannten Bremspunkt in die Bremse langte, schnell erkannte, dass das nicht reicht und hart in die Bremse langte. Dies quittierte das Hinterrad mit freundlichem Abheben von der Piste und die ganze Fuhre zitterte wie ein Aal. Ganz, ganz, ganz kurz habe ich überlegt: hämmerst Du sie noch in die Kurve rein oder besser nicht? Der Gedanke verschlang kostbare Meter. Also bremste ich, was ging und ließ die Fuhre dann ins Kiesbett rollen. Das war völlig problemlos machbar und wir bleiben auch stabil, so dass es anschließend weitergehen konnte. In der Zwischenzeit hatten mich natürlich zwei Gruppen überholt bis ich wieder aus dem Kiesbett raus war. Eine davon holte ich noch ein und konnte diese auch komplett überholen, aber an meine Gruppe kam ich nicht mehr ran. Bei meiner Frau machte sich in der Zwischenzeit ein ungutes Gefühl breit, denn meine Gruppe kam auf Start/Ziel vorbei und ich war nicht dabei. Zur gleichen Zeit fuhr dann auch noch der Lumpensammler raus und sie rechnete schon mit dem Schlimmsten. Anschließend kam meine Gruppe rein und Jürgen, der Instruktor sagte: "Mist, ich habe einen verloren." Darauf stellte sich dann meine Frau die Frage (Originalton): "Warte ich jetzt hier auf den Lumpensammler oder gehe ich gleich ins Medical Center?" Umso glücklicher war sie dann, als sie mich mit der nächsten Gruppe einlaufen sah.


Mein Fazit:
-> Das Team Hafeneger ist sehr engagiert, jederzeit ansprechbar und
    bestens vorbereitet.
-> 20 Minuten Rennstrecke kommen dir vor wie 5 Minuten.
-> Die Pics von Racepixx sind sehr cool, einen Auszg seht Ihr hier ja.
-> Ich fand das insgesamt megageil und bin nun angefixt. Das brauche ich
    jetzt öfter mal.
-> Das hätte ich schon viel früher mal machen sollen, es hätte mein Leben
    als Motorradfahrer nachhaltig und positiv verändert.
-> Ich frage mich, wie ich so lange ohne Rennstrecke auskommen konnte.
-> Ich habe erkannt, dass ich auch als alter Sack daran noch fett Spaß
    haben kann.
-> Ich weiß jetzt genau, woran ich noch arbeiten muss, um mich zu
    verbessern.
-> Ich freue mich jetzt schon mächtig auf die nächste Rennstrecke und das
    nächste Training.
-> So ein Rennstreckentraining sei jedem, der gerne sportlich fährt
    wärmstens empfohlen.
-> Es bringt Dir auch eine Menge für die Straße.


Demnächst werde ich noch ein kleines Video auf Youtube uploaden, das ich aber erst noch bearbeiten muss. Ich werde den Link hier posten, wenn es soweit ist. Nach dem Renntraining, haben wir uns ein paar Bier getrunken und sind ins Bett gesunken. Ich war wirklich absolut platt, die Konzentration macht müde. Am nächsten Morgen haben wir dann die Moppeds genommen und sind noch in den Harz gefahren, haben u.a.Torfhaus und den Maltermeisterturm in Goslar besucht, woher meine Frau stammt. Das war auch noch ein super Tag. Am Torfhaus trafen wir dann, wie es der Zufall so will, noch einen guten alten Bekannten, namens Christian, den wir seit einigen Jahren aus dem Kia Sorento--Forum kennen, der ebenfalls Motorrad fährt. Das gab natürlich noch einen kleinen Plausch. Die Welt ist klein. 


Bavaria Alm, Torfhaus, Harz


Blick vom Maltermeisterturm auf Goslar